1. Viele hören dieser Tage das erste Mal vom "digitalen Nachlass". Wieso sollte man sich überhaupt darum kümmern?
1.1. Du beziehst Dich hier sicherlich auf das BGH-Urteil vor 5 Tagen, dass Erben den Zugriff auf das Nutzerkonto von Verstorbenen gewährt. Das wurde ja sehr positiv von Politik und Nutzern aufgenommen.
1.1.1. Tja. Dann mal gut überlegen, was man so im Facebook-Messenger alles an die verschickt hat, deren zukünftige Hinterbliebene bei einer großen Boulevarzeitung arbeiten...
1.2. Wer an digitales Erbe denkt, denkt an die reiche Erbtante aus Amerika und an Facebook. Das ist zu kurz gesprungen Was ist digitaler Nachlass überhaupt?
1.2.1. Ich nenne das gerne digitalen Hinterlassenschaften
1.2.2. 1. Die sind ja nicht nur ätherisch in Form von Daten, Zugangsdaten, Plattformen…) sondern auch…
1.2.3. 2. …alles in meinem Besitz, worauf Daten physisch gespeichert sind (Festplatten, Speichersticks, Smartphones…)…
1.2.4. 3. …aber auch alles, mit dem Daten verarbeitet/gesammelt werden können (Webcam, Internetrouter, der vernetzte Kühlschrank, SmartWatch, Social Media Plattformen und, man möchte es schwer glauben, Sextoys…)
1.2.5. 4. Ausgesprochen wichtig auch das, was den Zugriff auf alle diese Daten ermöglicht (iPhone!, Chipkarte, Passworte etc.)
1.2.6. …also nicht nur Facebook!
1.3. Digitale Hinterlassenschaften bergen sowohl Werte als auch Risiken in sich
1.3.1. Was früher das Sparbuch und Grundbuch, ist heute Bitcoin, Gadgets, Dateien oder Zugriffsdaten
1.3.1.1. Und weil man sich ja schließlich auch um die analogen Hinterlassenschaften kümmert
1.3.2. Digitales lebt oft weiter und verselbständigt sich
1.3.2.1. Risiko
1.3.2.1.1. Webcam
1.3.2.1.2. Sensible Daten
1.3.2.1.3. Auch digitales verschwindet
1.3.2.2. Wert
1.3.2.2.1. Bitcoin mit und ohne Passwort
1.3.2.2.2. Zugangsdaten zu Hardware
1.3.2.2.3. Digitale Fotos
1.3.2.2.4. Musik
1.3.3. Weil es sonst keiner macht…
1.3.3.1. oder der Falsche
1.3.3.2. oder der Richtige auf die falsche Art
1.3.4. Weil es leicht übersehen wird
1.3.5. Weil man sich seiner eigenen Digitalisierung bewusst sein sollte
2. Was kann denn unseren Erben (oder uns als Erben) - schlimmstenfalls - passieren, wenn diese Dinge zu Lebzeiten ungeregelt bleiben?
2.1. Brigitte Zypries hat das bei meinem Interview mit ihr sehr schön auf den Punkt gebracht: „…Wenn ich mir Gedanken darüber mache, wem ich meine Perlenkette vererbe, dann sollte ich mir auch Gedanken darüber machen: Was ist mit meinem Smartphone und mit meinem Laptop?"
2.1.1. Es geht also um eine Art "digitale Perlenkette"
2.2. Im Digitalen kann man sich zwar trefflich darüber streiten, ob man je Kontrolle hatte aber fundamental handelt es sich im Ereignisfall ja um den Verlust von Kontrolle. Man kann sich selbst nicht mehr kümmern. Und so gruselig es klingt: Der Tod ist nur eine Form für Kontrollverlust und nicht einmal die Schlimmste
2.2.1. Nach OP aus der Narkose aufgewacht und Passwort für SmartPhone nicht mehr gewusst
2.2.1.1. Das Leben geht nicht mehr so weiter, wie geplant oder gewöhnt
2.2.2. Ich falle ins Koma
2.2.2.1. und muss feststellen, dass meine Heiratsurkunde kein Berechtigungsschein für meine Frau ist, an Zugangsdaten z.B. zu wichtigen Versicherungsunterlagen zu kommen
2.2.2.2. Ohne Vorsorgevollmacht muss hier dann gerichtlich ein Betreuer bestellt werden
2.2.3. Demenz
2.2.3.1. Schleichendes Vergessen
2.2.3.2. Erst ist das Passwort weg,
2.2.3.3. dann der Zweck für das Passwort
2.3. Mangelhafte Vorbereitung kann noch andere nervende, ärgerliche aber auch teure Folgen haben
2.3.1. Demographie
2.3.1.1. Die zwangsdigitalisierte Großelterngeneration
2.3.1.2. Die halbdigitalisierte Elterngeneration
2.3.1.3. Die durchdigitalisierte Kindergeneration
2.3.2. Übel ist es z.B., wenn man als rechtmäßiger Erbe keinen Zugriff auf sein Erbe hat…
2.3.2.1. Aber alle anderen schon…
2.3.3. wenn man nicht weiss, was man überhaupt geerbt hat
2.3.3.1. das ungeliebte schwarze Schaf in der Familie aber schon. Und das mit Passwort.
2.3.4. Richtig übel wird es, wenn man seinen Eltern im Notfall nicht helfen kann oder wenn einem die eigenen Kindern nicht helfen können,
2.3.4.1. weil niemand weiss, was tatsächlich wichtig ist, wo es sich befindet und wie man drankommt
2.3.5. Dass man unwissend Dinge erbt, die man lieber nicht erben würde und für diese unangenehmen, geerbten digitalen Hinterlassenschaften verantwortlich gemacht wird
2.3.5.1. In der analogen Welt sind das z.B. Schulden
2.3.5.2. In der digitalen Welt z.B. Kinderpornos
2.3.5.3. oder wildgewordene, gehackte Webcams, die unangenehme oder justiziable Dinge öffentlich streamen
2.3.5.4. Selektiv erben ist keine Option. Wer das Haus, das SmartPhone oder den Laptop erbt, erbt auch das mit was drin und drauf ist
2.3.5.5. Unerheblich ist dabei ob man final Recht bekommt. Ärger und möglicherweise Kosten hatte man im schlimmsten Fall
3. Ein kleiner Ausflug ohne Anspruch auf Vollständigkeit Hier geht's zum Blogpost: http://ow.ly/nU6O50BpLiq
4. Was können wir individuell tun, um die Dinge in Ordnung zu bringen? Wie hast du selber vorgesorgt?
4.1. „Älter zu sein“ darf nicht die Voraussetzung für Vorausplanung sein. Eine Lebensversicherung schliesst man ja auch nicht auf dem Sterbebett ab. Alles kann jederzeit jedem passieren.
4.2. Die kurze Antwort:
4.2.1. Im Zweifelsfall Rat ein von Experten und/oder einer Person des Vertrauens holen, BEVOR man aktiv an die Sache rangehst.
4.2.1.1. Rechtsanwalt
4.2.1.2. IT-Fachmann
4.2.1.3. Bruder
4.2.1.4. Schwester
4.2.2. Kategorisierung der digitalen Besitztümer nach Wichtigkeit, Wert, Risiken, Kosten für Wiederbeschaffung etc.
4.2.2.1. Nicht nur mit einem selbst im Blick, sondern auch mit…
4.2.2.2. …dem Rechtsnachfolger oder Vertreter für den Notfall
4.2.3. Man sollte sicherstellen, dass man einen Überblick hat über alle „digitalen Besitztümer“ oder die z.B. der Eltern.
4.2.3.1. Wo habe ich es?
4.2.3.2. Wer muss im Notfall rankommen?
4.2.3.3. und: Was zur Hölle ist der Notfall?
4.2.3.4. Wer sich nicht kümmert, wird keine Freude am Erbe haben. Und das ist auch gut so. Wäre ja auch nicht verdient!
4.2.4. Kümmere Dich rechtzeitig um das digitale Leben Deiner Eltern und binde Deine Kinder in Dein eigenes digitales Leben ein, solange Du noch klar im Kopf bist. Am besten JETZT. SOFORT.
4.2.4.1. Rechtliches
4.2.4.1.1. Patientenverfügung
4.2.4.1.2. Vorsorgevollmacht
4.2.4.2. Datensicherungen
4.2.4.3. Zugriffsdaten
4.2.5. Konsequente Nutzung eines Passwort Managers. Nicht nur für Passwörter, sondern auch z.B. für Software-Lizenzen, Sicherheitscodes als Backup für 2nd factor, Simkartennummer etc. Das Ding lebt dann schon mal und ist immer up to day. Ein Zettel ist das nicht.
4.2.5.1. Ausgewählte Informationen mit Personen des Vertrauens teilen
4.2.6. Im Notfall nichts löschen oder abmelden, was möglicherweise notwendig ist, an wichtige Informationen zu kommen
4.2.6.1. Handyvertrag
4.2.6.2. Kreditkarte
4.2.7. Dranbleiben!
4.2.7.1. Das Auto bekommt ja auch regelmäßigen Ölwechsel!
4.2.7.2. In der Familie thematisieren
4.2.7.3. Sich mit dem Thema Digitalisierung REGELMÄSSIG beschäftigen
4.2.7.4. Holschuld!
4.3. Wie habe ich selbst vorgesorgt?
4.3.1. Der Arzt ist der schlechteste Patient
4.3.2. Mit mit meinem jüngeren Bruder zusammengesetzt und ihn dann in der Vorsorgevollmacht für alles Digitale von mir autorisiert
4.3.3. Daten
4.3.3.1. kategorisiert
4.3.3.2. gesichert
4.3.4. Mit Bildern angefangen zum Üben